Reisebericht Marokko erster Teil

Tanger Med - Marrakech

Nachdem wir 300 € in Dirham umgetauscht haben (10,481 = 1 €; Wechselstube direkt an unserem Übernachtungsplatz) machen wir uns früh auf den Weg, da bis zu unserem Treffpunkt in Essaouira noch viele km vor uns liegen. Entgegen unserer bisherigen Gewohnheit nutzen wir von Anfang an die Autobahn, die gut ausgebaut und ausgeschildert ist. (Mautstation: einfach Karte ziehen wie im Parkhaus und an der nächsten Abfahrt oder Folgemautstation bezahlen). Die Autobahn ist ziemlich leer und wir können gut km machen. Die Landschaft erstaunt uns. Langgezogene flache Ebenen. Alles ist grün und viele Blumen blühen in den Feldern. Weite Flussdeltaebenen, die sumpfig wirken. Viel mehr Baumbestand und Aufforstungsflächen als wir in Spanien gesehen haben, aber immer noch sichtbar große Erosionsschäden von den Unwettern im Winter.

Auf den Feldern, Wiesen und Wegrainen bis direkt an die Autobahn werden kleine Viehherden (oftmals nur 5-10 Tiere; Schafe, Ziegen Kühe und Esel bunt gemischt) von einem Hirten begleitet. Die Felder werden mit Ochsen- bzw. Eselgespannen gepflügt. Die Menschen überqueren zu Fuß die Autobahn – ungeachtet der oftmals in kurzer Entfernung aufwendig errichteten Brücken. Der Kontrast zwischen dieser Art der Landwirtschaft und den modernen LKW etc. auf der Autobahn ist irgendwie surreal.

Unser erster Tankstopp an einer Autobahntankstelle bringt ebenfalls ungewohnte Eindrücke. Der Tankwart akzeptiert keine Karten sondern verlangt Barzahlung direkt an ihn. Erst auf mehrfache Nachfrage bekommen wir eine Quittung und zahlen dann wie gefordert in bar. Später haben wir festgestellt, dass dieselbe Tankkette überall im Land – selbst in den abgelegeneren Regionen – Kreditkarten akzeptiert!

Der Preis liegt mit 9.09 Dirham bei rd. 0,90 €/Liter. Es zeigt sich in den Folgetagen, dass der Preis auch auf Nebenstrecken nicht niedriger ist. Das erstaunt uns. Wir hatten mit niedrigeren Preisen gerechnet, hören aber, dass bis vor kurzem noch subventioniert wurde – jetzt aber nicht mehr.

Gegend Abend erreichen wir EL Jadida und machen einen Stopp bei Mc. D. um Wifi zu bekommen, da wir es nicht schaffen die Karten der Maroc Telekom zu aktivieren. Wir suchen uns unsere weitere Route, auf der auch 2 Campingplätze liegen müssten. Kurz nach unserer Weiterfahrt finden wir auch den Camping Caravaning International - der von einer Mauer umgeben – mitten in der Stadt liegt. Der Platz ist einfach (Stehtoiletten und Duschen sind nicht unser Ding), aber preiswert und für unseren Zweck völlig ausreichend. Abends hören wir das erste Mal den Ruf des Muezzin – hört sich leider ziemlich nach schrebbelndem Tonband an.

Wir bereiten den noch in Alcegiras gekauften Tiefkühlfisch zu und merken, dass unser ganzer Kühlschrank nach Fisch riecht. Der Kühlschrank war nicht tief genug gestellt und deshalb hatte das Tiefkühlfach nicht ausreichend Leistung. Leider war der angetaute Fisch auch nicht, wie von mir angenommen, eingeschweißt sondern nur locker in Folie eingetütet. Das rächt sich jetzt. Trotzdem hat er gut geschmeckt, aber den Rest bekommen die Platzkatzen.


Morgens werden wir um 5 Uhr geweckt. Erst ruft der Muezzin zum Gebet, dadurch werden die Pfaue aufgeweckt und rufen durchdringend, das stört wohl die Esel, die dann auch in das Konzert einfallen.

Unser Versuch, uns von dem recht gut englisch sprechendem Platzwart bei der Einrichtung der Maroc Telekom Karten helfen zu lassen, endet mit einer zweistündigen Hilfsaktion durch seinen Freund Mohammed.

 

Jetzt fahren wir mit Garmin-Navi, dass uns leider aber noch keine genaue Streckenführung sondern nur die Luftlinie vorgibt. Die ungewohnte Orientierung, chaotischer Verkehr und der Versuch einem Mopedfahrer das Leben zu erhalten, erfordern Opfer – in diesem Fall unseren Seitenspiegel. Gut, dass wir von Andi noch ein Ersatzspiegelglas dabeihaben. Jetzt fahren wir authentisch marokkanisch – gesplitterte Spiegel gehören hier zum Straßenbild.

Die N1 (Landstraße nach Essaouira) hat bis auf wenige Ausnahmen einen guten Ausbauzustand. Wir stellen fest, dass es mehr als die für uns anfangs erkennbare Fahrspur gibt. Am rechten Straßenrand ist eine schmale Spur von ca. 50 cm Breite weißgestrichelt markiert. Dort fahren Fahrradfahrer und Mofas. Die Eselkarren bzw. Fußgänger benutzen einen Trampelpfad ganz rechts außen neben der Straße auf dem Lehm bzw. Schotter. So kommt man eigentlich ganz gut aneinander vorbei. Gelegentlich wird aber von dem Schema abgewichen und der Eselkarren fährt halt auf der Straße.

Der Kontrast zwischen neuen MAN-LKW, neben denen Eselfuhrwerke fahren ist mehr als ungewohnt. Bei den engen Platzverhältnissen sind auf jeden Fall die Nerven der Esel zu bewundern.

Je weiter wir kommen umso schmaler wird die Straße und wir freuen uns, als wir um die Mittagszeit fast die Straße für uns allein haben. Ob PKW, Bus oder LKW – jeder hält drauf und ich bewundere Thomas, der ganz locker bleibt und auch noch Zeit findet den Jung´s am Straßenrand zuzuwinken.

Wir durchfahren urige Dörfer mit „mehrspurigem“ Verkehr – bunt gemischt aus Eselkarren, Bussen, LKW und Fußgängern. Verkehrsregeln gibt es nicht wirklich. Irgendwie verlassen sich alle Verkehrsteilnehmer darauf, dass der andere schon aufpassen wird –inshallah. Die „Parkplätze“ sind alle von Vierbeinern mit umgehängten Futterbeuteln belegt. Die Eigentümer tummeln sich an den Garküchen oder Marktständen.

Wir stellen fest, dass Esel durchaus eigenwillig sind. Es hat den Anschein, dass der „Motor“ nicht immer dahin läuft, wo der Lenker gerne hinmöchte.

Die Reaktionen auf uns sind durchweg positiv. Viele – Erwachsene wie Kinder – winken uns zu und wir winken natürlich freundlich zurück.

Am späten Nachmittag – kurz vor unserem Ziel – wird die Strecke hügeliger und kurz können wir weit entfernt am Horizont die weißen Spitzen des Hohen Atlas erkennen. Beeindruckend!

In Essaouira angekommen treffen wir Sandy und Karsten und parken gemeinsam mit anderen Wohnmobilen (weiße und 2 umgebaute alternative LKW aus Frankreich), auf einem Parkplatz (30 Dirham/Tag) direkt am Strand ca. 15 Minuten Fußweg von der Medina entfernt.

Am Strand stehen malerisch Kamele und hübsche, gepflegte Pferde und warten auf zahlungswillige Touris. Da momentan nicht viel los ist, stehen alle Beteiligten einfach nur schön anzusehen in der Gegend rum. Da wir aus dem Alter fürs Ponyreiten raus sind, bewegen wir uns auf eigenen Füßen Richtung Altstadt.

 

Die Medina ist sehr schön und stimmungsvoll – wie man sich halt eine orientalische Basarstadt  vorstellt. Allerdings merkt man sehr, sehr deutlich, dass Essaouira eine Touristenhochburg ist. Die ländlichen Dörfer durch die wir gefahren sind sahen völlig anders aus. Der Bummel durch die Gassen ist unproblematisch. Inzwischen hat man hier wohl gelernt, dass westliche Touristen durch zu viel Kaufanimation eher verschreckt werden. Natürlich wird man angesprochen, sobald man einen Stand auch nur kurz ansieht – aber alles auf eine nette freundliche Art und ein "Nein Danke" wird sofort freundlich akzeptiert.

Die Preise sind für marokkanische Verhältnisse hoch (Touristenort halt), für unser Gefühl aber sehr moderat. Es fällt auf, dass an allen Ständen die gleichen Tücher, Holzwaren, etc. verkauft werden. Teilweise wohl Importware aus Indien, aber trotzdem schön und Ute schwelgt in den wunderbaren Farben und dem vielfältigen Angebot. Der angebotene Silberschmuck wird nach Gewicht verkauft. Ein fein ziseliertes Armband soll umgerechnet rd. 50 € kosten. Da Ute den Silbergehalt nicht beurteilen kann (es glänzt wie Modeschmuck) lässt sie es lieber bleiben und kauft nur ein paar Kleinigkeiten als Mitbringsel für Freunde. Bei einem schönen blauen Baumwolltuch (schon eher einer Decke) für 7 € kann sie nicht widerstehen und kauft ohne zu handeln. Auffällig ist, dass egal wo man kauft, der Händler grundsätzlich nicht wechseln kann. Auch nicht, wenn es sich nur um 20 Dirham handelt. Ist aber alles kein Problem. Der Händler lässt einen allein in seinem Laden stehen und marschiert los. Über kurz oder lang kommt er dann mit dem Wechselgeld wieder. Sorgen, dass seine Ware Füße bekommen könnte hat er nicht.

Wir merken, dass der Hinweis von erfahrenden Reisenden, sich bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit mit möglichst kleinen Scheinen einzudecken, gut und angebracht ist.

Es ist schon interessant die Leute zu beobachten, wobei es einige Touristinnen leider nicht lassen können und in Trägertops und breiten Gürteln – Röcke kann man das nicht mehr nennen – durch die Stadt laufen. Es sind nur Wenige, aber wir empfinden es als eine Missachtung des Gastlandes und einfach nur peinlich. Hinzu kommt, dass die Temperaturen moderat sind und die Marokkaner in warmen Jacken herumlaufen.

 

Die Gassen werden immer enger und wir verlassen den Touri-Bereich in Richtung der Lebensmittelsouks. Ohne  Begleiter wäre Ute wohl nicht mehr weitergegangen. Ist aber hier ganz normal und keiner nimmt groß Kenntnis von uns. Auf dem Gemüsesouk kann man alle erdenklichen Gemüsesorten kaufen. Alles kommt in einen großen Korb und dann wird nach Kilo abgerechnet. Egal ob Bananen, Paprika, Möhren oder Auberginen.

Die Fleischstände sehen nicht ganz so schlimm aus wie erwartet, aber da wir zuhause ja auch kaum Fleisch essen, werden wir uns das hier ganz verkneifen. Vor einem Fleischstand sitzen in trauter Eintracht Hunde und Katzen und warten darauf, dass etwas für sie abfällt. Sie werden geduldet – es kümmert niemanden. In der Stadt sieht man jede Menge Katzen, die entspannt vor den Geschäften Mittagsschlaf halten. Eine Katze ist in typischer Putzhaltung eingeschlafen – so was haben wir auch noch nicht gesehen. Leider sieht man vereinzelt auch Tiere in einem sehr schlechten Zustand, aber auch das kümmert hier niemanden.

 

Frischer Fisch wird überall angeboten. Man kann ihn sich im Hafen aussuchen und gleich in einer Garküche braten lassen (haben wir noch nicht ausprobiert) oder man geht in eines der vielen Restaurants wie wir das  gestern gemacht haben. Da wir heute selber kochen wollen, lassen wir uns in kein Lokal hereinbitten. Die Werber sind aber deutlich zurückhaltender, als wir das schon in Urlaubsorten in Spanien erlebt haben.

 

Wenn man mit den Händlern ins Gespräch kommt, versuchen sie sofort herauszufinden, welche Nationalität man hat. Deutsch spricht eigentlich niemand hier, aber zumindest mit einem Willkommen oder Guten Tag wird ein freundliches Klima geschaffen. Hier kann Ute jetzt auch ein paar Brocken arabisch ausprobieren – die Händler sind meist sehr erstaunt und freuen sich über ein shokran etc..

Da hier nur wenig Englisch gesprochen wird, hat Ute schon oft bedauert, damals in der Schule Latein gewählt zu haben. Selbst nur ein wenig Französisch würde sehr hilfreich sein. Momentan kann sie ja schon fast mehr arabisch als Französisch. Aber die Verständigung mit Händen und Füßen klappt auch ganz gut – inshallah.

Heute Morgen sind Sandy und Karsten weitergefahren, da sie Mitte April wieder in Deutschland seien wollen. Wir nehmen uns vor, ab jetzt wieder mehr nach unserem Tempo weiterzureisen, da wir erst einmal etwas Ruhe brauchen. Die letzten Tage mit den weiten Fahrstrecken waren anstrengend und übervoll mit neuen Eindrücken. Es war ein stetes fahren, ohne das Gefühl anzukommen.

Aber wie das so ist – wir kommen auf unserem Parkplatz mit Aischa und Reinhard Schatz ins Gespräch, die ein wunderschönes Anwesen bei Marrakech haben und auch einige wenige Stellplätze für Womos anbieten. Sie leben schon seit 30 Jahren in Marokko und bieten mit ihrem liebevoll selbst ausgebautem Reisebus auch Touren an Orte abseits der Touristenstrecke an. Der Kontakt kommt für uns wie gerufen, da wir in den nächsten Tagen ohnehin nach Marrakech wollen.


Früh morgens machen sich Reinhard und Aischa  mit der Reisegruppe und uns im Schlepp auf den Weg nach Marrakech. Unterwegs machen wir zwei Stopps. Einmal an einer Argancooperative und an einer kleinen Kasbah, in der Teppiche verkauft werden. Da die Beiden Land und Leute gut kennen und wissen, wo man gute Qualität ohne Nepp bekommt, schließen wir uns der Gruppe, von der wir herzlich aufgenommen werden, gerne an. Es wird ausdrücklich betont, dass wir kaufen können aber auf keinen Fall müssen!

Zuerst besuchen wir die Argancooperative Khmissa Argan. Hier zeigt und erklärt uns eine junge Marokkanerin, die sehr gut englisch spricht, den Herstellungsprozess des begehrten Arganöls. Es handelt sich um eine Frauencooperative, die in mühevoller und anstrengender Handarbeit die Arganfrüche von ihren Hüllen befreien und die Kerne (mehrfach so hart wie eine Haselnuss) mit einem Stein aufschlagen. Zur Herstellung der Öle, die später zum Verzehr bestimmt sind, werden die Kerne geröstet. Die Kerne, aus denen Öl, für kosmetische Produkte gewonnen werden soll, bleiben unbehandelt. Letztlich kann man aber – egal ob geröstet oder natur – das Öl für beide Zwecke nutzen.

Anschließend werden die gemahlenen Kerne mit etwas Wasser vermengt und intensiv von Hand geknetet. Ganz plötzlich kommt dann der Moment, wo sich das Öl aus dem Kernmehl löst. Das Wasser verbleibt in dem Mehl, aus dem dann kleine Fladen geformt und getrocknet werden. Diese Fladen wurden früher als Tierfutter verwendet. Wir hören, dass heute viele Kosmetikprodukte, die mit dem begehrten Argan werben, die Fladen zermahlen, erneut maschinell pressen und das daraus gewonnene Gemisch dann ihren Produkten zusetzen.

Hier wird bewusst darauf verzichtet Maschinen einzusetzen, um für möglichst viele Frauen eine Einkommens-quelle zu erschließen. Die Frauen arbeiten zu Hause und liefern das fertige Öl dann zum Verkauf in der Cooperative ab. Durch diese direkte Vermarktung wird vermieden, dass der Gewinn sich hauptsächlich auf die Zwischenhändler verteilt und den Produzentinnen kaum etwas verbleibt.

Nachdem wir die Produktion besichtigt haben, sitzen wir bei einem Minztee gemütlich im Schatten auf dem Diwan und bekommen Kostproben von den vielfältigen Produkten. Allein das reine Arganöl mit frischen Fladenbrot schmeckt schon lecker. Das Amla genannte Gemisch aus Öl, Honig und gemahlenen Mandeln ist noch viel besser und dazu auch noch sehr gesund.

Da wir wissen, dass wir hier einwandfreie und nicht mit anderen Ölen gestreckte Ware bekommen, decken wir uns großzügig mit verschiedenen Duftölen, Körpermilch, Öl für die Küche und Amla ein. Die Cooperative verschickt übrigens die Ware auch auf Bestellung! (Khmissa Argan www. Aitmasens.com ; Centre Mejji, Taftachte –Essauira; 0661610033).

Weiter geht es zu unserem nächsten Zwischenziel der Kasbah mit den Teppichen. Das Gebäude ist in traditioneller Lehmbauweise errichtet und über den Außenmauern hängen schon die Teppiche um auf die Einkaufsmöglichkeit hinzuweisen. Natürlich kann hier jeder halten und die Teppiche in Augenschein nehmen. Als Marokkoneulinge freuen wir uns aber, von den Erfahrungen des Ehepaars Schatz und dem „Sicherheitsgefühl“ der Gruppe profitieren zu können.

In den Innenräumen ist es angenehm kühl. Wir bekommen Minztee serviert und ein perfekt deutsch sprechender Marokkaner erklärt die verschiedenen Stilrichtungen und die Herstellungsweise der Teppiche, die seine Helfer unterdessen vor uns ausbreiten. Die Vielfalt ist atemberaubend – allein in diesem Raum lagern hunderte ordentlich gefalteter Teppiche entlang der Wände und wie wir später sehen gibt es noch viele weitere Räume.

Wir würden uns gerne einen kleinen Teppich für unser Wohnzimmer im Steyr zulegen, da wir in Essaouira gemerkt haben, wie unangenehm es ist, den allgegenwärtigen feinen Flugsand mit den Füßen z.B. ins Bett zu tragen. Wir sehen wunderschöne Teppiche in allen Farben. Da die meisten aber für uns viel zu groß sind, ist es nicht ganz einfach einen für uns passenden zu bekommen.

Nach einigem hin und her finden wir ein schönes Stück, dass wie maßgefertigt für uns ist. Feine Kamel- und Schafwolle mit Web und Stickmustern – ein typischer Berberteppich.

Aber jetzt wird es richtig spannend. Nach dem Preis fragend erhalten wir die Auskunft: „350 aber weil ihr zu der Gruppe von Reinhard gehört – für euch 300“. Nun wir gehen von Dirham aus. Hier zeigt sich unsere Unerfahrenheit und das noch fehlende Gefühl fürs Preisgefüge – einige Sachen sind hier für unsere Begriffe ja spottbillig und mit den Preisen handgearbeiteter Teppiche kennen wir uns halt nicht aus.

Für rd. 30 € nehmen wir das gute Stück natürlich mit und los geht ans Bezahlen. Das ist Ute's Part und sie ist erstmal sprachlos, als der Händler jetzt offenbart, dass er von Euro sprach. Nee – so viel Luxus wollten wir uns als Sandfänger nicht leisten. Der Teppich mag's ja wert sein aber dieser Preis schockt uns. In diesem Moment kommt Thomas und gibt dem Händler eine klare Ansage – der Preis geht für uns nicht!

Sofort fragt uns der Händler, was denn unser Preis wäre. Irgendwie ist uns das ganze etwas peinlich, denn 30 oder auch 100 € zu sagen, kommt uns wie eine Beleidung seiner Ware vor. So versuchen wir das ganze Verkaufsgespräch zu canceln – so dringend brauchen wir das gute Stück dann doch nicht.

Aber wir sind ja in Marokko und der Händler lässt nicht locker. Unsere Argumentation hält er wohl für eine besonders clevere Verhandlungstaktik und so sinkt der Preis immer weiter. Als wir dann bei 150 € angekommen sind schlagen wir doch ein um das Ganze einfach zum Ende zu bringen. Der Händler jammert, packt uns aber schnell den Teppich ein, denn wir müssen uns beeilen, da die Reisegruppe weiter möchte.

Uns schwirrt der Kopf - aber nach kurzer Zeit dämmert uns, dass wir dem Händler gerade ein super Verhandlungsgespräch geliefert haben. Wenn der Preis für ihn nicht o.k. gewesen wäre, hätte er schon von sich aus das Gespräch abgebrochen. So langsam schwindet unsere Verlegenheit und wir beschließen diese Verhandlungstaktik  in der nächsten Zeit noch zu perfektionieren.

Auf unserer Weiterfahrt sehen wir die schneebedeckten 4000er des Hohen Altas näherkommen. Ein surreales Bild. Die weißen Bergspitzen scheinen zu schweben, da aus der Ferne der untere, nicht schneebedeckte Teil fast die gleiche Farbe wie der Himmel hat.

Wir erreichen das Refugium der Schatz' am frühen Nachmittag und werden – voll integriert in die Reisegruppe - nach einem kleinen Rundgang durch den weitläufigen Garten (mit Teich, Minigolf, Tennisplatz und Pool) erst einmal mit Kaffee und Kuchen - von den Töchtern Magda und Mona selbst gebacken - bewirtet. Die Zeit verfliegt im Gespräch mit den anderen Reisenden (Gruppe wie Wohnmobilisten) wie im Flug und wir werden zu dem  Abschiedsabend der Gruppe eingeladen.

Nach gründlicher Dusche in dem super ordentlichen und sauberen Sanitärbereich (für den Womobereich direkt am Stellplatz) brezeln wir uns mal so richtig auf. Nach so langer Zeit in Funktionskleidung macht das auch richtig Spaß. Jetzt kommt auch mein Kleid aus Ibiza zum Einsatz – wo ich doch eigentlich schon beschlossen hatte es das nächste Mal gar nicht mehr mitzunehmen.

Die Kasbah – das Schloss der Schatz' – ist umwerfend. Worte reichen hier nicht – da müssen Bilder sprechen. Wer eine geführte Marokko-Tour mit familiärer Betreuung in überwätigendem Ambiente und in einer kleinen Reisegruppe sucht, dem können wir Aischa und Reinhard nur wärmstens empfehlen. Hier reicht der Platz gar nicht aus, um alles vorzustellen - schaut Euch bei Interesse mal die Homepage der Beiden an - mit vielen Bildern und Video's der Reisetouren!!! Ihr findet sie auf unserer Linkseite.

Wir erleben einen schönen Abend mit Hausmusik und Gesang der beiden Töchter, teilweise unterstützt von ihrem Vater. Auch die Teilnehmer der Gruppe steuern Beiträge zur Unterhaltung bei. Da Ute im Gespräch mit Aischa von ihrem, früher nebenberuflich geführten, Bauchtanzstudio erzählt hat, wird sie natürlich aufgefordert zur Unterhaltung beizutragen – was sie dann auch gerne macht.

Wir frühstücken gemütlich vor dem Steyr und werden wie auch an den anderen Tagen von Aischa mit frischen Brötchen versorgt. In der Sonne ist es fast schon zu warm. Die Temperaturen sind mit bis zu 37 Grad für die Jahreszeit deutlich zu hoch sagt uns Reinhard.

Um 10.00 Uhr fährt uns Reinhard mit der Reisegruppe in seinem Bus nach Marrakech. Unterwegs steigt Aziz zu, der unser Führer seien wird. Er spricht sehr gut Deutsch und ist lizensierter Führer (nichtlizensierte Führungen sind verboten und unter Strafe gestellt). Wir beginnen unsere Tour an einem großen Busparkplatz direkt vor der Stadtmauer der Altstadt. Vorbei am Nobelhotel La Mamounia Palace (1.000,00 – 7.000,00 € pro Nacht) gehen wir durch einen kleinen Park zur Kutubiya Moschee, deren mächtiges Minarett uns künftig als Wegweiser dienen wird. Kurz vor dem zentralen Platz Djamáa el-Fna (Platz der Gehenkten) stehen viele Kutschen und warten auf Gäste für eine Rundfahrt. Die Pferde sind gepflegt, aber wir hätten nicht gedacht, dass Kutschen so stinken können. Damit die Pferde die Straßen nicht mit Pferdeäpfeln verzieren, trägt jedes Pferd einen Lederbeutel zwischen Deichsel und Hinterteil. Dieser fängt die festen wie flüssigen Hinterlassenschaften auf und stinkt bestialisch. Mit dem Geruch von Pferdemist beim Stallausmisten hat das gar keine Ähnlichkeit mehr. Dieser Geruch hält uns auf jeden Fall zuverlässig davon ab, eine Kutschfahrt einzuplanen.

Bereits auf dem Djamáa el-Fna zeigt sich, dass die Gruppe kein Deut auf den Führer hört. Die Ansage zusammenzubleiben, keinen O-Saft zu kaufen (mit zweifelhaftem Wasser gepanscht) und an den einzelnen Marktständen zu verweilen wird ignoriert – na wohl bekomm's. Das ändert sich auch bei dem Rundgang durch die überdachten Souks kaum und Aziz gibt Gas um sein Programm überhaupt noch einzuhalten. Der Eindruck der verwinkelten Gassen, der unvorstellbar vielfältigen Waren und der Geräuschkulisse ist unglaublich. Beim Fotografieren falle ich manchmal hinter die Gruppe zurück und werden freundlich von Händlern angesprochen. Da ich keine Zeit für Erklärungen habe, sage ich nur ebenso freundlich „Führung“, deute nach vorn und zucke entschuldigend die Schultern – und siehe da, alle Händler verstehen mich, lachen und gut ist's. Auf jeden Fall für später merken – falls mal man einfach weg will.

 

In unserem Programm enthalten ist der Besuch einer Apotheke, wo die Arganölherstellung gezeigt wird und der Apotheker uns einen Vortrag über verschiedene orientalische Gewürze und Heilmittel hält. Wir lernen z.B., dass Safranfäden als einziges Gewürz unbegrenzt haltbar sind und vor dem Kochen/Würzen kurz in Wasser gelegt werden sollen (dann mit dem Wasser zu der Speise geben). Die Gruppe verhält sich unmöglich, quatscht, läuft rum – kurz gesagt wir kommen ums fremdschämen nicht herum. Der geplante Besuch des Musée de Marrakech zerrreißt die Gruppe erneut, da einige plötzlich eigene Wege gehen wollen. Deshalb fällt der Besuch auch recht kurz aus, da sich Aziz wohl Sorgen um seine Schäfchen (eher Ziegen) macht. Der Besuch lohnt sich aber, da das Museum in einem Palast aus dem 19. Jahrhundert, dem Dar M'Nebhi untergebracht ist. So interessieren auch nicht so sehr die Exponate, sondern die Räume als solche mit wunderbaren Mosaiken, kunstvoll geschnitzten Zedernholztäfelungen und bemalten Stuckornamenten. Der absolute Hingucker ist ein gigantischer, orientalischer Metallkronleuchter. Auf einem Platz mit dem Durchmesser dieses Leuchters könnte man bestimmt 3-4 Steyr parken!

Zum Abschluss führt uns Aziz noch in ein schönes Lokal, von dessen Aussichtsterrasse wir einen sehr guten Blick über die Dächer von Marrakech bis hin zum Hohen Atlas haben. Sichtlich erleichtert, diese undisziplinierte Gruppe endlich los zu sein, verabschiedet sich Aziz, nachdem er uns noch den Rückweg erklärt hat. Das Essen schmeckt gut und wir haben nichts auszusetzen. Lediglich die große Rattenfalle keine 2 Meter von den Tischen entfernt ist befremdlich. Aber was soll's, die guten Leute aus unserer Gruppe erkennen sie ja nicht mal und halten sie für einen Meerschweinchenkäfig ohne Meerschwein.

Bei der Rückfahrt verfallen wir alle in eine leichte Hitzeagonie (Außentemperatur 37°) und verstehen, weshalb das orientalische Leben in diesem Land halt so ist wie es ist.

Zurück bei Schatz geht es sofort unter die Dusche – was für ein Genuss!!!! Dann sind wir erstmal platt und abends sind wir zu dem ersten Gruppenabend der neuen Gruppe eingeladen. Da diese Gruppe leider eine so ganz andere Energie als die Vorgruppe hat wird der Abend nicht so lang und wir ziehen uns bald zurück.

Wir haben einen ruhigen Tag den wir mit lesen, Abkühlung im Pool (super, die Gruppe isst fast 2 Stunden zu Mittag – da haben wir den Pool wieder ganz für uns) und kleinen Basteleien am Steyr verbringen (anbringen des schönen orientalischen Spiegels, den wir gestern gekauft haben ;-)). Um 17 Uhr bringt uns Reinhard wieder nach Marrakech. Jetzt haben wir 5 Stunden zur freien Verfügung um Marrakech bei Nacht kennenzulernen. Da es genauso drückend heiß ist wie gestern, sind wir das erste Mal nassgeschwitzt, als wir in M. ankommen.

Bevor wir das Ambiente genießen, steht für uns noch die Suche nach einem Laden der Maroc Telekom an, da wir unsere am Zoll von Tanger Med erstandene Telefonkarte auch mit Hilfe von Aischa und ihren Töchtern nicht zum Laufen bekommen haben. Aber Allah ist mit uns. Wir finden den Laden sehr schnell und der Mitarbeiter braucht keine 10 Sekunden und alles funktioniert. So einfach kann's gehen! Also wieder was gelernt – Karten nur dort kaufen, wo sie auch sofort aktiviert werden.

Anschließend geht es über den Djamma el-Fna. An einem Stand kauft sich Ute eine schlichte Frauendjalabia. Der Gedanke bei dem warmen Wetter in so einem lockeren Gewand herumzulaufen ist zu verlockend. Die genannten Preise sind mal wieder Mondpreise und nach einigem Hin und Her zahlen wir dann knapp die Hälfte – was im Grunde immer noch zu viel ist – Marrakechpreise halt.

Marokko Marrakech Djamma el-Fna Abenddämmerung Nachts Platz der Gehenkten

Wir bummeln durch einige Gassen des Souk und als die Füße langsam platt werden, suchen wir ein Restaurant, von dessen Dachterrasse wir einen guten Blick auf das bunte Treiben haben.

Wir trinken Tee und stärken uns mit  Omelette – irgendwie hatte ich mir die Auswahl an landestypischen Speisen anders vorgestellt. Die arabische / libanesische Küche ist doch vielfältiger und einfach mehr unser Ding.

 

Es ist jetzt dunkel – auf dem Platz haben die Garküchen ihre Stände in Betrieb genommen und auch die Musikgruppen sind vielfältiger und spielen einen besseren Sound als vorher. Wir sehen Stände mit eingeschweißten Wasserflaschen und naiv wie wir sind kaufen wir uns eine. Man bekommt sie aber aus dem Kühlschrank – also nicht mehr eingeschweißt und bei dem ganzen Trubel kann man kaum hören, ob der Verschluss noch knackt. Später sehen wir dann, wie hinter einem Stand ein Mann die Flaschen aus einem großen, offenen Fass befüllt – Prost Mahlzeit. Den Rest der Flasche entsorgen wir und hoffen, dass wir keine Folgen zu spüren bekommen.

Zu guter Letzt geraten wir auf unser Suche nach einem schönen großen Tuch zur Ergänzung der Schattierung an unserer Markise in die „Räuberhöhle“ eines super netten, sehr gut deutsch sprechenden Marokkaners und man ahnt es schon – erst einmal im Gespräch – schöne Ware gesehen – nett unterhalten – freundlich gehandelt – da haben wir es ohne Tuch nicht wieder rausgeschafft. Anschließend werden wir zum Tee eingeladen.

Fazit: Wir haben mal wieder zu wenig runtergehandelt, sonst würden wir wohl nicht so großzügig behandelt. Ute bekommt sogar noch eine kleine Hamissa (Hand der Fatima von chamsa = fünf) geschenkt. Wir müssen noch viel lernen – aber die Marokkaner sind einfach so nett!!!

Marokkanische Tür Holzschnitzerei Hand der Fatima Chamsa

Familie Schatz hat sich mit Bus und Reisegruppe zu einer mehrtägigen Rundtour durch den Atlas aufgemacht. Somit haben wir das Gelände fast für uns allein und genießen einen Ruhetag mit Sonne am Pool. Hassan – Gärtner und Verwalter des Anwesens – hat uns in sein Herz geschlossen und findet wohl, dass wir zu verhungert aussehen. Mittags überrascht er uns mit einem leckeren Kuskus. Wir freuen uns, schaffen aber nur die Hälfte und denken uns, dass wir die andere Hälfte ja abends warmmachen können. Aber es kommt anders. Noch bevor wir an Abendessen denken ist Hassan wieder da und versorgt uns mit einem Fischgericht. Keine Ahnung welch ein Fisch das war – auf jeden Fall hat er super lecker geschmeckt. Wir versuchen Hassan deutlich zu machen, das wir nicht so viel essen können und hoffen, dass er uns verstanden hat. Gegen 22.30 Uhr - wir haben es uns schon im Steyr gemütlich gemacht - sehen wir, dass Hassan wieder nach uns Ausschau hält. Wir rühren uns nicht, aber der Wind schlägt unsere Tür auf und schon ist Hassan mit einer weiteren Tajine da. Wir fassen es nicht – was sollen wir mit dem ganzen Essen machen? Gut, dass wir morgen weiterreisen - sonst können wir bald auch ohne den Steyr "rollen".

Später am Abend entlädt sich das für die Jahreszeit ungewöhnlich warme Wetter in einem Gewitter.

 

Es hat sich auf  25° abgekühlt, was sehr angenehm ist. Wir planen unsere weitere Route. Morgen wollen wir über den Tizi-n-Tichka (Tizi = Pass; 2.260 Meter hoch) den Hohen Atlas überqueren um unser nächstes Ziel Quarzazate zu erreichen. Wir wollen am Sonntag fahren, da dann hoffentlich weniger LKW unterwegs sind, die ansonsten mit 10 bis 20 Stundenkilometern die Serpentinen hochkriechen.

 

Unsere Stellplatznachbarn erzählen uns noch von einem Felsüberhang auf dem Pass, unter dem wir bestimmt nicht durchpassen würden. Da uns Aischa aber versichert hat, dass sie den Pass auch schon mit dem Doppeldeckerbus gefahren sind, machen wir uns keine Sorgen.

 

Am Abend versorgt uns Hassan wieder mit Tajine. Zumindest hatten wir mittags die Chance einige Reste vom Vortag zu vertilgen. Da wir Hassan am nächsten Morgen nicht mehr sehen werden, geben wir die geleerte Tajine mit Geschenken und einigen Dirham an unsere Stellplatznachbarn weiter, mit der Bitte sie morgen an Hassan weiterzureichen.